Wohin bitte, ist denn die Zeit schon wieder geflogen? Frage ich mich Mate schlürfend. Es ist Mitte März, ich sitze auf meinem Balkon und lasse den Blick über die Dächer von Buenos Aires schweifen. Gefühlt hat die Patagonien-Saison doch gerade erst begonnen.
Zugleich liegt ein Leben zwischen heute und dem Tag, an dem ich in freudiger Erwartung die erste Reisegruppe der Saison am Flughafen in Empfang nahm. Das war im November 2023. „Damals“ war meine Mama noch am Leben. Eine andere Zeitrechnung hat für mich begonnen, es gibt ein Davor und Danach. Ein Leben mit und ohne Mama. Alles ist anders geworden, vieles gleichgültiger, der Rest schmerzvoller.
Die erste Tour in Patagonien, nachdem der Lieblingsargentinier und ich zu Fuß 800 Kilometer durch die Pyrenäen zurückgelegt hatten, war ein großartiger Saison-Auftakt. Eine tolle Gruppe, mit der es Spaß machte, aktiv in die patagonische Landschaft einzutauchen. Nach Monaten wieder Freunde am Ende der Welt in den Arm zu nehmen.
Die zweite Tour habe ich nach 1,5 Tagen noch in Buenos Aires abgebrochen.
Von einem Tag auf den anderen wurde es Winter.
Da waren die Schneeflocken, lautlos tanzend, unaufhörlich. Da war das Fenster. Da waren laute Maschinen und bunte Kabel, überall an ihrem geschwächten Körper. Der sich ankündigende Tod schmeckte nach warmem Kräutertee, nach Fenster, nach Schnee, nach Einsamkeit und Leere, aber auch nach Zusammenhalt, nach Familie. Da war tiefe Stille, in ihr, in uns, in den grauen Gängen. Das Gefühl unerträglicher Enge in der Brust, im Herzen, in der Kehle.
Das war der Dezember. Die Familie ist kleiner geworden. Die Welt langsamer und leiser. Die Schneeflocken weniger.
Um mit dem Knoten in mir weiterleben zu können, brauchte ich die Weite Patagoniens.
So stand ich drei Wochen später wieder mit Willkommensschild am Flughafen in Buenos Aires, um die nächste Gruppe zu begrüßen, nervöser als gewöhnlich.
Und dann das: Himmel, was für wunderbare Menschen!
Ein bunt zusammengewürfelter Haufen aus lauter liebevollen, respektvollen und toleranten Menschen. Die Zeit mit ihnen in Patagonien war Seelenfutter und wird natürlich auch schon allein wegen meiner persönlichen Umstände unvergessen bleiben. Jedem einzelnen Gast gebührt ein dickes Dankeschön!
Dann zwei Wochen zuhause in Buenos Aires. Zum ersten Mal seit den Schneeflocken hörte ich auf zu funktionieren, war einfach nur da. Und ersoff in einem Tränenmeer.
Das Saison-Ende markierte eine besondere Tour – eine fünfwöchige Patagonienreise, die ich selbst ohne Agentur organisiert und geplant hatte. Einer der Gäste schrieb mich diesbezüglich vor über einem Jahr an. Ich blickte dem Ganzen euphorisch entgegen.
Diese Tour habe ich mittlerweile als „zwischenmenschliche Katastrohe in grandioser Natur“ in meinem inneren „Reiseflop-Ordner“ abgeheftet.
Was alles schiefgelaufen ist, kannst Du in abgespeckter Form auf Polarsteps nachlesen.
Ich versuche mich künftig wieder mehr meiner Argentinienwebseite zu widmen, auch wenn das kommende halbe Jahr von Argentinien-Abstinenz geprägt sein wird. Anfang April geht es erst einmal zurück nach Deutschland, wo ich viel Zeit mit meiner Familie verbringen möchte.
Meine Online-Reiseberatungen laufen natürlich trotzdem weiter, schreib mir bei Interesse einfach eine Mail.
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